Der
freiberufliche Journalist Kotte Herzfeldegerät ins
Visier des BKA's und eines Geheimdienstes; aus der Spinne wird eine geächteteFliege...
(Zum Verlag, bitte
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Seite 12-14
Der Raum war
schmutzig und düster, fast quadratisch, ziemlich klein und hatte keine Fenster. Rudi Jowella saß an einem Tisch, die Lichtverhältnisse schwach und diffus. Er hatte sich wieder eine schwarze
Motorradmaske über den Kopf gezogen und um die Augen zu verdecken, eine runde Sonnenbrille mit blauen Gläsern aufgesetzt. An seiner schwarzen Militärjacke, genau an der Stelle, die eigentlich für den
Namen vorgesehen war, baumelte ein selbstgebastelter Orden: die Anarchistenauszeichnung in Rot.
Hinter ihm an der
Wand hing ein großes Plakat. Darauf deutlich zu erkennen das Logo der Revolutionären Zellen: ein großer roter fünfzackiger Stern, darin die beiden Buchstaben RZ. Rudi hob behäbig seinen Kopf und fing
an zu reden:
„Was die
imperialistischen Abzocker und neoliberalen Politiker über die korrumpierten Mainstream Medien verbreiten, ist nicht das, was wir Menschen denken, sondern was wir denken sollen. Zu behaupten, dass
das monopolyhafte Faschistenspiel, genannt Globalisierung, gut sei, bedeutet auch eine Tolerierung der Ausbeutung und Massenverelendung großer Bevölkerungsschichten und die zunehmende Zerstörung
unserer natürlichen Lebensgrundlage: der Natur. Diese Form der Tolerierung dürfen wir nicht tolerieren! Daher fordern wir den sofortigen Stopp des Turbo-Kapitalismus, die öffentliche Kontrolle und
Regelung aller Private Equity Unternehmungen, die Abschaffung der Zinseszinsen, die sofortige Einstellung von Leerverkäufen und außerdem die Enteignung aller asozialen
Hedge-Fond-Gewinne."
Dann sprang Rudi
auf. Er griff nach einem Buschmesser, das vor ihm auf dem Tisch lag und hielt es zu einer Drohgebärde hoch.
„Ferner fordern
wir...“
„Stopp!“, rief
plötzlich eine zweite Stimme, die Stimme seines Komplizen Nick. Er stand hinter einer professionellen Beta SP TV Kamera und hatte Rudi in der Halbnahe im Sucher.
„Irgendwie sieht
die ganze Sache noch nicht echt genug aus. Wenn wir nicht als unterbelichtete Hobbyanarchisten auffliegen wollen, sollten wir die Geschichte mit dem Messer doch lieber weglassen,“ meinte
Nick.
„Es sieht einfach
viel zu gekünstelt aus und irgendwie auch völlig bescheuert.“
„Wenn du meinst,
dass ich bescheuert wirke, dann mach es doch selber!“, schrie Rudi und riss sich die Motorradmaske vom Kopf, so dass seine wilde Mähne zum Vorschein kam. Seine dunklen Haare standen nach allen Seiten
hin ab; sie waren etwas lockig und an der Stirn auch schon leicht schütter.
„Ich hab keine
Lust mehr! Wir haben diesen ganzen Scheiß bestimmt jetzt schon vierzig oder fünfzig mal aufgenommen. Mal mit Motorradmaske, mal mit der Maske eines Clowns, mal mit Sonnenbrille, mal ohne und jetzt
hab ich die Schnauze voll vom Experimentieren. Es reicht! Jetzt kommst du dran! Ich bin Kameramann und kein unterbelichteter Bewusstlosquatscher!“
Nach seiner
Ausbildung als Fotograf hatte Rudi zunächst als Fotojournalist in Lateinamerika und im Irak gearbeitet.
Ein paar Jahre
später dann auch als Kameramann; den Umgang mit professionellen TV Kameras hatte er sich selber beigebracht.
Da ihm sein Job
allerdings schon mit Anfang dreißig so ziemlich auf die Nerven gegangen war, hatte er sich eine Frist gesetzt:
Exakt für das
Datum seines fünfunddreißigsten Geburtstags hatte er geplant, in ein Flugzeug zu steigen und seinen Job als Kameramann in Kriegsgebieten für immer an den Nagel zu hängen; und genauso hatte er es dann
auch durchgezogen:
Kurze
Abschiedsparty im Hotel mit den Kollegen vom Fernsehen und anschließend sofort mit dem Auto zum nächsten Flughafen hin.
Der Abflug begann
mit einer zweimotorigen Cessna über die Steppe, fast einen ganzen Tag lang, danach Airport Casablanca und schließlich Flughafen Berlin Tegel.
Ganze drei Jahre
hatte er es sich dann ziemlich gut gehen lassen in Berlin, besonders in den Kneipen und Restaurants rund um den Mauerpark im Stadtteil Prenzlauer Berg. Bis sich seine persönliche Finanzkrise
allmählich ankündigte, und er Nick kennenlernte, war jeder Tag ein Feiertag. Obwohl sein ehemaliger Arbeitskollege und Schulfreund Kotte Herzfelde in der selben Stadt wohnte wie er selber, sahen sie
sich nur alle paar Monate auf ein Bier im Schwarzen Café in der Kantstraße.
Die gemeinsamen
Erlebnisse in Afrika wurden bei diesen Treffen aus einem bestimmten Grund kategorisch ausgeblendet, stattdessen wurde philosophiert und Schach gespielt.
Rudi fragte sich
oft, ob Kotte wohl sein schweres Trauma überwunden hatte, oder ob er es immer noch erfolgreich überspielte?
***
Seite: 198
Während Kotte auf
der Holzbank saß und träumte, bemerkte er sein Spiegelbild gegenüber im Schaufenster. Die Ranken seiner fettigen Haare hingen schlapp über seine geschwollene Nase nach unten; der Rucksack lag nach
wie vor wie ein grüner Hund mit großen Ohren auf seinem Platz, unweit entfernt davon etwas klumpiger Dreck gemasert mit verdorrten Resten einer Wiese und auf einmal: Klack, er hatte die Lösung
entdeckt. Sie war so einfach und so naheliegend, dass sie fast seinen Stolz beleidigt hätte. Die Pakete waren nicht nur in Papier eingepackt, sondern darüber hinaus auch noch in weißen Plastiktüten
verstaut. Er müsste sie einfach nur aus dem Rucksack herausholen, mit dem Fuß unter einige Bänke schieben und fertig. Kein Mensch käme auf die Idee, dass es sich hierbei um Rauchbomben handeln würde.
(…)
Sinngemäß hatte
Nick zwar recht, dass Notfallpläne und etwas größere Sicherheit durchaus im Interesse der Öffentlichkeit wären, auch dass ein bisschen mehr, nicht mit dem Absoluten verwechselt werden dürfe, doch was
war mit der Möglichkeit eines schleichenden Selbstläufers? Nick hatte mitgeteilt, dass es nur um die Entwicklung von Sicherheitsstrategien ginge und darum Sicherheitslücken zu schließen. Was aber
könnte ein Selbstläufer im Extremfall bedeuten? Vielleicht installierte Metalldetektoren vor sämtlichen Eingängen und so viele Strengstoffhunde wie Ameisen? Oder dass eine Stadt mindestens so viele
Kameras hätte wie Einwohner? Vielleicht sogar ein Chipimplantat für jeden Bundesbürger...?
***
Seite: 266
„Auch gab es Verbindungen zu westlichen
Nachrichtendiensten und einer scheinbaren Freimauerloge in Italien. Der Öffentlichkeit ist diese Geheimloge bekannt unter dem Namen Propaganda Due oder kurz: Loge P2.“ (...) "Gab es
Verbindungen zwischen der Loge P2 und der hiesigen Geheimloge Thelema 11?" (...) "Zunächst wäre da der bestialische und grauenvolle Anschlag auf die wartenden Menschen im Bahnhof von Bologna am
2. August 1980 zu nennen. Um 10.25 Uhr detonierte im Wartesaal eine Bombe mit Zeitzünder. 85 Menschen im Alter zwischen 3 und 86 Jahren starben; über 200 wurden verletzt, zum Teil sehr schwer. Sowohl
bei diesem Anschlag, als auch beim Oktoberfestattentat wenige Wochen später, wurde Militärsprengstoff benutzt; ein direkter Vergleich der verwendeten Spengstoffe ist bisher aus nicht
nachvollziehbaren Gründen unterblieben. (...)"
***
Anhang
Seite: 282
Auch wenn noch
einmal betont werden muss, dass die vorangegangene Geschichte eine Erfindung ist, so entsprechen doch mehrere Details der Wahrheit; sie alle auzuzählen würde einer fiktiven Geschichte allerdings
nicht entsprechen. Für Leute, die sich für eine sachlichere Auseinandersetzung interessieren, möge die beigefügte Literaturliste weiter unten einen Anhaltspunkt bieten.
Eine bedeutsame
Aussage, die in dieser Geschichte sinngemäß vorkommt, möchte ich aber dennoch hervorheben; sie steht an einer essenziellen Stelle des Romans.
Die Kernaussage
lautet, dass westliche Sicherheitsbehörden im Vorfeld diverser Terroranschläge in der Bundesrepublik Deutschland ein gewisses Maß an Vorwissen hatten.
Bezogen auf das
Oktoberfestattentat 1980 in München sind es die Aussagen des Anwaltes Werner Dietrich, der die Hinterbliebenen dieses extrem menschenverachtenden Terroranschlages vertritt. Siehe hierzu folgendes
Interview im Internet:
www.youtube.com/watch?v=r43jMD3bbEA
Doch nicht nur
dieses Attentat ist noch sehr rätselhaft, sondern auch die Anschläge der 'Roten Armee Fraktion'. Im April 2011 lautete das Thema in der Late Night Talkshow Beckmann: 'RAF Terror - Das lange Leid der
Hinterbliebenen'. Zu Gast waren Michael Buback, Jörg Schleyer, Corinna Ponto, Andres Veiel und Julia Albrecht.
Im Rahmen dieser
Sendung behauptete Corinna Ponto, Tochter des ermordeten Dresdner Bank Chefs Jürgen Ponto, dass sie Hunderte von Stasiaktenseiten gelesen habe aus denen zum Teil hervorging, dass westdeutsche
Sicherheitsbehörden ein größeres Vorwissen über bevorstehende Terroranschläge hatten.
Welche Fälle es
sind, habe ich in diese Geschichte eingebaut, auch, weil es wirklich sehr schockierend klang.
Die nächsten
Schocks traten dann ab dem 4. November 2011 in Erscheinung: Eine terroristische Nazibande hatte über zehn Jahre im Untergrund gelebt, gemordet, Banken überfallen und einen Terroranschlag begangen,
ohne dass die Sicherheits- und Ermittlungsbehörden auch nur das Entfernteste geahnt haben wollten. Laut einem Bericht des TV Magazins 'Report Mainz' stimmte diese Aussage jedoch nicht.
(...)
Die Tatwaffe der
meisten NSU-Morde war eine tschechische Ceska. Erwähnenswert in diesem Zusammenhang ist, dass die beiden einzigen bekannten mutmaßlichen Terroristen der sogenannten dritten RAF Generation, Wolfgang
Grams und Birgit Hogefeld, ebenfalls eine Vorliebe für diese Waffe hatten; zumindest wurden sie in Bad Kleinen u.a. mit einer Ceska 7,65 mm erwischt; der Unterschied zur NSU Mordserie ist die
Baureihe der Waffe. Wer die RAF 1998 aufgelöst hat, ist ebenfalls nicht bekannt und auch nicht, ob der dritte Festgenommene Klaus S. 'nur' eine passive Quelle des Verfassungsschutzes war oder ein
aktives Mitglied der RAF und damit eventuell ein Agent Provocateur. (...)